Im November 2021 musste ich mich von meiner Hündin Jule verabschieden, die mich 15 Jahre durchs Leben begleitet hat. Drei Jahre zuvor ist meine Hündin Luna im Alter von 14 Jahren und 10 Monaten gestorben. Auch sie war ihr ganzes Hundeleben lang an meiner Seite.

Der Tod meiner beiden Weggefährtinnen hat mich an etwas Wichtiges erinnert: die Kunst des Loslassens! 

Woran hältst du fest?

Wie oft halten wir im Leben an etwas fest, obwohl es uns – oder anderen – nicht guttut? An unglücklichen Beziehungen, an schlechten Gewohnheiten, an destruktiven Gedanken, an negativen Gefühlen, an Jobs, in denen wir unzufrieden sind.

Wie oft lassen wir uns aus der Angst vor dem Neuen von einer Veränderung abhalten? Stattdessen nehmen wir das vertraute Unglück in Kauf.

Einer der Gründe liegt in dem Bedürfnis nach Sicherheit. Selbst wenn das Gewohnte noch so schlecht ist, ist es dir zumindest vertraut. Es gibt dir Halt.

Loslassen ist keine Schwäche

Für manche Menschen ist loslassen gleichgesetzt mit aufgeben und das würde für sie Schwäche bedeuten. Sie würden sich als Versager fühlen und um das zu vermeiden, beißen sie lieber die Zähne zusammen.

Dabei kann dir krampfhaftes Festhalten großen Schaden zufügen und auf Kosten deiner Gesundheit, deiner Finanzen oder deines sozialen Umfeldes gehen.

  • Wenn du an der Denkweise festhältst „Nur wenn ich etwas leiste, bin ich jemand“ und dich damit bis in den Burnout treibst.
  • Wenn du dich verbiegst, um die Beziehung zu retten und du selbst dabei auf Strecke bleibst.
  • Wenn du dich ständig an ein unangenehmes Erlebnis erinnerst und die damit verbundenen Gefühle lebendig erhältst.
  • Wenn du dauernd über negative Dinge redest und damit für miese Stimmung sorgst

Etwas loszulassen, hat nichts mit Schwäche zu tun, sondern mit Stärke. Dabei sage ich nicht, dass loslassen einfach ist, denn dieser Einspruch kommt in der Regel sofort.

Nein, loslassen ist zum Teil sehr schwer und kann Mut kosten.
Es heißt, sich vom Wunsch zu verabschieden, die Situation möge bitte anders sein, als sie ist und deinen Widerstand aufzugeben. Loslassen zu können, hat etwas mit Vertrauen zu tun und offen für das zu sein, was kommt.

Solange du dich gegen einen Zustand wehrst, hältst du ihn aufrecht.

Wie das Loslassen funktioniert

Ach was wäre es schön, wenn es dafür ein Patentrezept gäbe. Irgendwas, das es leichter macht und Orientierung bietet. Etwas, woran du dich festhalten kannst, denn auch beim Loslassen taucht der Wunsch nach Orientierung und Sicherheit auf.

Doch dieses Patentrezept gibt es nicht, weil wir alle anders ticken. Trotzdem sind die folgende Schritte hilfreich, um dich im Loslassen zu üben.

Akzeptanz und Ehrlichkeit

Der wichtigste Punkt ist für mich dieser: Akzeptanz.
Die Dinge sind, wie sie sind. Sich dagegen aufzulehnen, kostet enorme Kraft und führt meist zu nichts. Nicht der Zustand an sich ist das Problem, sondern deine Bewertung.

  • Akzeptiere, dass sich Menschen nicht immer nach deinen Wünschen verhalten.
  • Akzeptiere, dass das Leben nicht immer nach deinen Vorstellungen verläuft.
  • Akzeptiere, dass auch du ein Mensch bist, dem Fehler passieren können.
  • Akzeptieren, dass alles einer ständigen Veränderung unterliegt.

Akzeptieren heißt nicht, dass du Dinge hinnehmen sollst oder musst. Es heißt, deine Energie in eine konstruktive Richtung fließen zu lassen.

Mindestens genauso wichtig ist es, dir deiner Ängste bewusst zu werden, die dich am Loslassen hindern.
Welche konkreten Befürchtungen hast du? Lass deine Gedanken zu anstatt sie weiter zu verdrängen.

Und dann ist da der berühmte Preis, den du für dein Verhalten zahlst. Was gewinnst du dadurch, dass du an der Situation, deinen Gedanken, der Beziehung oder was auch immer festhältst? Du würdest es nicht machen, wenn damit nichts Positives für dich verbunden wäre.

Um das herauszufinden, ist jedoch absolute Ehrlichkeit gefragt.

  • Vielleicht schmeichelt es dir ja insgeheim, dass dein Chef ohne dich aufgeschmissen wäre und arbeitest deshalb bist zum Umfallen.
  • Vielleicht ist dir der soziale Status sehr wichtig, den du durch deinen Job hast.
  • Vielleicht genießt du das Gefühl, von deinem Partner gebraucht zu werden und kehrst deshalb deine eigenen Bedürfnisse unter den Teppich.

Zur Frage nach dem Gewinn, den du durch das Festhalten hast, gehört auch diese Frage: was gewinnst du, wenn du loslässt? 

Auch negative Gedanken und Gefühle sind etwas, was du loslassen kannst. Deine Gedanken ziehen entsprechende Gefühle nach sich. Also liegt der Schlüssel darin, anders zu denken und dies zu trainieren. Natürlich geht das nicht von Jetzt auf Gleich, aber es geht.

Zu diesem Bereich zählen auch deine Vorstellungen darüber, wie du glaubst, dich verhalten zu müssen.

Tun dir diese Gedanken gut oder stressen sie dich? Wenn sie dir nicht guttun, dann lass sie los.

Loszulassen ist eine Kunst

Lass mich noch einmal meine Hunde zurückkommen.
Ich könnte mich mit der Frage quälen, ob ich wirklich alles für die beiden getan habe oder ob ich hätte mehr machen müssen. Ich könnte mir immer wieder in Erinnerung rufen, wie schlecht es mir an dem Morgen ging, als wir den letzten Weg zum Tierarzt angetreten sind.

Aber wohin würde das führen?
Es würde mich in tiefe Traurigkeit und Selbstvorwürfe stürzen. Beides ändert nichts daran, dass Luna und Jule nicht mehr da sind.

Stattdessen richte ich meine Aufmerksamkeit gezielt auf die schönen Momente mit ihnen. Auf die lustigen Erlebnisse, die wir gemeinsam hatten. Auf das, was ich durch sie lernen durfte. Dadurch entsteht ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit und das lässt mich zur Ruhe kommen.

Hinweis

Der Schwerpunkt meiner Arbeit hat sich geändert.
Ich unterstütze jetzt Menschen mit Hunden aus dem Tierschutz, ihre individuellen Probleme im Zusammenleben gelassen zu meistern – gewaltfrei und positiv. Hier erfährst du dazu mehr.