Etwas Neues zu wagen und unbekannte Wege zu beschreiten, das kostet Überwindung und Mut.
Alles fängt damit an, eine Entscheidung zu treffen, aber schon das ist oft nicht leicht.
Vielleicht hast du Angst vor den Konsequenzen oder davor, wie dein Umfeld reagieren wird. Vielleicht machst du nach kurzer Zeit einen Rückzieher, weil du dich unsicher fühlst oder an der Entscheidung zweifelst.
Damit bist du nicht alleine.
In dieser Porträtserie stelle ich dir Menschen vor, die ihre Wünsche realisiert und sich getraut haben. Sie zeigen, was alles möglich ist, wenn du deine Ängste und Selbstzweifel überwindest.
Den Anfang macht Nadja Hofmann.
Sie hat den Sprung von der Kosmetikerin zur selbstständigen Fotografin gewagt – mit Erfolg.
Wie es dazu gekommen ist, welche Ängste sie dabei begleitet haben und wie sie damit umgegangen ist, erzählt sie dir nun selbst.
Nur Mut: Von der Kosmetikerin zur Fotografin
Nadja, du arbeitest als Fotografin, aber das war nicht immer so.
Was hast du davon gemacht?
Ich habe viel ausprobiert in meinem Leben. Die längste Zeit war ich als Kosmetikerin und Guest Relation Manager für Hotelketten im Ausland tätig. Aber auch ein kurzer Ausflug auf eine Schauspielschule, ein angefangenes Fernstudium zum Heilpraktiker und eine 2-Jährige Selbständigkeit als Kosmetikerin waren dabei.
Ich war auf der Suche nach etwas, das mich wirklich begeistert und erfüllt, habe es aber lange Zeit nicht gefunden.
Als ich 2012 meinen jetzigen Mann Rolf kennenlernte, der damals auf Mallorca lebte, wollte ich endlich irgendwo ankommen und mir gemeinsam mit ihm ein schönes, friedliches Leben aufbauen. Es kam allerdings anders als gedacht, da Rolf kurz nach unserem Kennenlernen, während einer Herzkatheteruntersuchung, einen schweren Schlaganfall erlitt, und ich seine Pflege komplett übernahm.
Wie bist du auf die Idee gekommen, Fotografin zu werden?
Gab es ein Aha-Erlebnis oder hat sich das Ganze nach und nach entwickelt?
Ich bin von selbst überhaupt nicht auf die Idee gekommen Fotografin zu werden. Ehrlich gesagt habe ich mich sogar lange Zeit mit Händen und Füßen versucht dagegen zu wehren, weil mir die Verantwortung zu groß erschien und mein Selbstwertgefühl im Keller war.
Durch die Pflege meines Mannes habe ich mich selbst und meine eigenen Bedürfnisse sehr vernachlässigt, was vorher zwar auch schon so war, nur nicht so auffällig, wie in dieser Situation. Ich lebte eigentlich nur noch in Angst und Sorge um ihn und habe versucht den Alltag irgendwie zu bewältigen und das war es.
Depressionen, die mich bereits früher plagten, erreichten einen erneuten Höhepunkt. Aber zum Glück war ich mittlerweile soweit, erkennen zu können, dass diese ganze Situation eine Riesenchance für meine eigene Entwicklung ist. Nichts passiert schließlich umsonst oder „zufällig“ im Leben. Jetzt ging es nur darum zu erkennen, was mir das Leben sagen will und genau daran zu arbeiten.
Und wenn man selbst zu sehr im Hamsterrad gefangen ist, gibt es ja zum Glück Menschen, die einem helfen können. So fing mein Mann irgendwann an mit mir zu schimpfen, ich solle mich weniger um ihn und mehr um mich selbst kümmern, und etwas tun was mir Spaß macht. Da fiel mir aber leider nichts ein.
Kurze Zeit später erzählte mir meine Schwester beiläufig, dass sie sich eine neue Kamera gekauft habe und ihre alte auf ebay versteigern wolle. Mein Mann meinte sofort, dass das doch etwas für mich wäre…Fotografieren.
Ich konnte damit allerdings überhaupt nichts anfangen, ließ mich aber überreden,schon allein, damit Ruhe war ?
Tja, und was soll ich sagen, ich bin ohne den leisesten Schimmer von der Technik einer Spiegelreflexkamera losgezogen, und wurde von da an zu Hause nicht mehr gesehen. Jede freie Minute verbrachte ich mit Fotografieren. Stundenlang lag ich hochkonzentriert im Gras und fotografierte die Spiegelungen in Wassertropfen, die ich bis dato nie wahrgenommen hatte.
Da war sie endlich-die Begeisterung nach der ich so lange gesucht hatte!
Meine trüben Gedanken verflogen und ich kam immer mehr zur Ruhe und zu mir selbst.
Die Idee, dass ich vielleicht irgendwann mal mit meiner Fotografie etwas verdienen könnte schwebte zwar ab und zu im Raum, aber ich verwarf diesen Gedanken meist recht schnell wieder, weil ich mir gar nicht vorstellen konnte, wie das funktionieren sollte. Schließlich gibt es zigtausende Fotografen auf dieser Welt und ich habe ja noch nicht mal eine „ordentliche“ Ausbildung, mache vieles nur nach Gefühl.
Als dann die ersten Anfragen an mich gestellt wurden, ob ich auch Menschen fotografieren würde, nahm ich diese nur sehr zögerlich an, aus Angst, die Erwartungen nicht erfüllen zu können. Einer Blume ist es schließlich egal, was hinten rauskommt. Bei Menschen „muss“ ich liefern. Panik pur!!
So begann ein ca. 2-jähriger intensiver innerlicher Entwicklungsprozess, in dem ich unbewusst die Weichen für meine jetziges Leben als Fotografin stellte.
Du hast mir erzählt, dass du dir das Wissen selbst angeeignet hast, über Onlinekurse und ausprobieren.
Wann hast du entschieden, das Fotografieren nun professionell anzubieten? Und ist dir diese Entscheidung schwer oder leicht gefallen?
Die Entscheidung war äußerst schwer für mich. Ich hatte solche Versagensängste. Aber da war auch das Wissen in mir, dass es so, wie es momentan läuft, doch nicht ewig weitergehen kann. Dass ich doch hier bin um glücklich zu sein und um ein Leben zu führen, an das ich mich irgendwann mal gerne zurückerinnere.
Ich entschied also für mich, mutiger zu sein und mehr „leben“ zu wollen. Und dann passierten plötzlich so viele Dinge: Mir sind über einen kurzen Zeitraum Kontakte regelrecht zugeflogen, die mich alle einen Schritt näher Richtung Selbständigkeit brachten. Es wurde „ernst“… und ich konnte mich nicht mehr hinter meinen Blümchen und Tröpfchen verstecken, denn da waren Menschen, die von mir fotografiert werden wollten, weil sie an mich glaubten.
Das Leben war geduldig, aber auch fordernd zu mir, und das so offensichtlich, dass ich am 18. Januar 2018 endlich nachgab und ein Kleingewerbe anmeldete. Und ab dem Moment meiner Entscheidung ordnete sich wirklich alles in meinem Umfeld noch zielgerichteter auf den Erfolg meiner Fotografie aus – wie Eisenspäne um einen Magneten. So nach dem Motto „Eeeeeendlich hat sie sich entschieden, jetzt können wir loslegen!!“
Wie bist du zu deinem ersten Auftrag gekommen?
Ich könnte dir jetzt eine ellenlange Liste von so vielen für mich fast unerklärlichen „Zufällen“ aufzählen, die dazu geführt haben, dass ich schlussendlich DIE Person kennenlernte, die mir meinen ersten Auftrag erteilte, aber das würde den Rahmen sprengen. Ich kann mich nur wiederholen, dass ich selbst eigentlich „nichts“ dafür getan habe, außer dass ich mich in vielen kleinen Situationen schrittweise mutiger und aufgeschlossener verhalten habe.
Alles geschah dann wie von selbst. Ich hatte auch überhaupt kein bestimmtes Ziel, was ich schwerpunktmäßig anbieten könnte, sondern habe mich einfach dem Leben anvertraut, dass es mir genau DAS bringen wird, was ich gut kann und was mir Spaß macht. Das sind interessanterweise ganz andere Dinge, als ich mir hätte vorstellen können.
Hattest du Angst oder Zweifel, noch nicht gut genug zu sein (oder andere) und wie bist du damit umgegangen?
Oh ja und wie! Ich hatte riesige Angst, einen Fehler zu machen… Und schwupp, da war er schon passiert: Direkt beim ersten Auftrag habe ich vergessen eine komplette Einstellung zu fotografieren. Die war auch leider nicht wiederholbar und ich sah mich voll bestätigt in all meinen Selbstzweifeln; fragte mich, wie ich nur so doof sein konnte, mir einzubilden, dass ich schon gut genug dafür wäre.
Aber eine leise Stimme in mir sagte auch, dass ich einfach nur erkennen soll, dass Fehler nun mal zum Leben gehören und dass es nicht schlimm ist, welche zu machen. Aus lauter Angst davor gar nichts mehr zu machen, ist viel schlimmer.
Ich arbeite übrigens heute noch sehr eng mit meiner damaligen Auftraggeberin zusammen, die meinen vermeintlichen Fehler überhaupt nicht schlimm fand und mir sagte, wir seien doch alle nur Menschen….und dass sowas halt mal passieren könne…
Ab da ging ich wesentlich toleranter mit mir um und startete darauf folgende Projekte mit mehr Leichtigkeit und weniger Angst.
Ich selber hatte das Glück, mich von dir fotografieren lassen zu dürfen. Du hast eine so natürliche, offene Art, dass es mir leicht gefallen ist, mich vor die Kamera zu stellen.
Was machst du bei einem Shooting, wenn jemand von sich behauptet, zu schüchtern zu sein?
Gute Frage! Diesen Fall hatte ich noch nicht, deshalb kann ich dir gar nichts „kluges“ dazu sagen, zumal ja eh jeder Mensch individuell ist und anders reagiert.
Ich halte selbst nicht mehr viel von irgendwelchen Normen, „wann man was am besten macht, um zu….“, sondern agiere lieber spontan in der Situation. Was braucht der Mensch, was tut ihm gut? Was fällt ihm leicht? Was ich auf jeden Fall immer mitbringe, ist genügend Zeit, denn nichts ist schlimmer, als auf Knopfdruck funktionieren zu müssen. So kann sich das Zusammenspiel und die entstehenden Bilder ganz locker und leicht entwickeln.
Und sollte jemand, der sich als zu schüchtern empfindet ein Shooting bei mir buchen, wird das schon seinen Sinn haben, sonst wäre er nicht da. Was auch immer also für ein erfolgreiches Shooting notwendig sein wird, wir werden es gemeinsam erleben. Ist doch klar, oder?
(Wow, was für ein Vertrauen! Jetzt bin ich aber selber baff! Und das aus meinem Munde! Großartig, oder? Lach!)
Was würdest du anderen raten, die vor einer Entscheidung stehen und einfach nicht wissen, was sie tun sollen?
Den Satz: „Da, wo die Angst ist, da geht es hin“habe ich während meiner Entscheidungsfindung „zufällig“ im Radio gehört.
Damit ist wohl alles gesagt 😉
Liebe Nadja, ich danke dir für deine Offenheit.
Ich bin mir sicher, dass du damit vielen anderen Mut machst, die sich in einer ähnlichen Situation befinden.
Nadja Hofmann, Fotografin aus Hilzingen am Bodensee
Produkt- und Imagefotografie für Werbung und Social Media Präsenz, Immobilienfotografie
www.nadjahofmann.com
Facebook: Nadja Hofmann Fotografie
Hinweis
Der Schwerpunkt meiner Arbeit hat sich geändert.
Ich unterstütze Menschen mit Hunden aus dem Tierschutz, ihre individuellen Probleme im Zusammenleben gelassen zu meistern – gewaltfrei und positiv.
Hier erfährst du dazu mehr.
Toll geschrieben!! Das macht Mut 😉
Wenn es Mut macht, ist das Ziel erreicht 🙂