So hätte ich dich gar nicht eingeschätzt! Immer wieder höre und lese ich diese Aussage, wenn ich sage, dass ich introvertiert bin.

  • „Aber du bis doch gar nicht unsozial?“
  • „Aber du zeigst dich doch so selbstbewusst im Internet?“
  • „Aber du bis doch gar nicht unfreundlich?“
  • „Aber du lachst doch oft so laut und wirkst gar nicht schüchtern?“

Nein, ich bin weder unsozial noch unfreundlich noch schüchtern. Ich bin introvertiert.

Allerdings herrschen rund um dieses Thema noch zahlreiche Missverständnisse und Vorurteile. Kein Wunder, dass manche Menschen irritiert sind, wenn sie davon hören.

Wie zeigt sich Introvertiertheit?

Wie muss ich mich als Introvertierte verhalten, um als solche anerkannt zu werden:

  • Muss ich mich ausschließlich in Grau kleiden?
  • Muss ich immer leise und zurückhaltend sein?
  • Muss ich zum Lachen in den Keller gehen?
  • Muss Menschen doof finden und einen großen Bogen um sie schlagen?

Natürlich nicht. Es gibt introvertierte Menschen, auf die das zutrifft, aber das ist nicht die Regel. Introvertierte sind keine seltsame Spezies von einem anderen Stern. Es sind ganz normale Menschen, die lediglich andere Bedürfnisse und Stärken als Extrovertierte haben.

Welche Vorteile und Eigenschaften mit Introversion verbunden sein können, erfährst du in diesem Artikel.

Und doch kann es sein, dass du eine introvertierte Person nicht als solche einschätzt.

Die Gründe dafür können sein: 

  • Sie hat sich über Jahre unserer lauten Welt angepasst und ist sich ihrer Introversion gar nicht bewusst. Sie fühlt sich oft erschöpft und irgendwie nicht dazugehörig, kann sich das aber nicht erklären.
  • Du bekommst nur einen Teilausschnitt von ihr mit, in dem sich diese Person eher extrovertiert verhält. Du ziehst für dich daraus den Rückschluss, dass sie grundsätzlich so ist.

Introvertiert, leise, unsichtbar?

Es gibt zahlreiche introvertierte Persönlichkeiten, die in der Öffentlichkeit stehen. Keanu Reeves, Avril Lavigne, Woody Allen und Günther Jauch sind nur ein paar von ihnen.

  • Ja, auch introvertierte Menschen können auf der Bühne stehen.
  • Sie können Vorträge halten und Workshops geben.
  • Sie können erfolgreich als Führungskraft arbeiten.
  • Sie können sich selbstbewusst mir ihrer Arbeit im Internet präsentieren.
  • Sie können sich in schrillen Farben kleiden.

Und es gibt solche, die all das nicht gerne machen oder machen wollen.

Umgekehrt tanzen auch Extrovertierte nicht ständig auf allen Hochzeiten, sind nicht dauernd laut, impulsiv oder risikofreudig. Mein extrovertierter Partner liebt es genau wie ich, alleine in der Natur unterwegs zu sein. Er braucht keine ständige Dauerbeschallung an Reizen, um sich wohlzufühlen.

Gleichzeitig freut er sich, wenn er es auf einer Party mal krachen lassen und sich bis in die frühen Morgenstunden austoben kann – ich nicht.
Er kann beim Arbeiten Musik hören – ich nicht.
Ihm schenkt das Zusammensein mit Menschen Energie – mir nicht.

Ich empfinde diese Unterschiede als bereichernd, auch wenn die Grenzen manchmal verschwimmen.

Das hier ist nicht hilfreich

Mein Anliegen ist es, über Introversion aufzuklären. Um herauszufinden, welches Bild in der Öffentlichkeit davon existiert, schaue ich mich in den sozialen Medien um.

Und was entdecke ich da? Sprüche von Introvertierten für Introvertierte, die lustig sein sollen, zum Beispiel diesen hier:
„Als Erwachsener neue Freunde zu finden ist schwer … weil ich sie nicht will.“

Die Kommentierenden stimmen munter darauf ein und bestätigen sich gegenseitig, wie wenig sie Menschen mögen. Nicht das Zusammensein mit ihnen, sondern Menschen an sich.
Sie stellen sich als besonders sensibel, besonders verständnisvoll, besonders dieses oder jenes dar. Und vor allem besser als die bösen Extrovertierten!

Das ist eine Haltung, von der ich mich distanziere.
Mein Ansatz ist es, Verbundenheit und Verständnis zu schaffen. Den Wunsch nach Verbindung scheinen viele Frauen zu teilen, wie das Ergebnis meiner Umfrage zeigt.

Dort wolle ich von introvertierten Frauen wissen, was sich verbessern würde, wenn sie ihre Introvertiertheit authentisch leben würden.

  • „Ich könnte besser Freundschaften knüpfen.“
  • „Ich hätte mehr Freunde.“
  • „Mehr Kontakte.“

Introvertierte sehnen sich genauso nach sozialen Kontakten wie Extrovertierte. Sie brauchen lediglich die für sie passende Dosierung. Es ist dem Thema also nicht dienlich, wenn wir uns selbst in die Ecke „unsozial“ stellen.

Ob du eher intro- oder extrovertiert bist, kannst du in diesem Test herausfinden.

Introvertiertheit ist bunt

Hören wir auf, in Schablonen und in Schwarz-Weiß zu denken. Denken wir lieber in Vielfalt und in Bunt!

Dazu gehört es auch, dass wir Introvertierten uns nicht als etwas Besonders darstellen und von unserem Umfeld erwarten, uns mit Samthandschuhen anzufassen. Introversion ist nicht besser oder schlechter als Extroversion. Sie ist einfach nur anders.

Und sie ist das, was du und ich daraus machen.

Hinweis

Der Schwerpunkt meiner Arbeit hat sich geändert.
Ich unterstütze jetzt Menschen mit Hunden aus dem Tierschutz, ihre individuellen Probleme im Zusammenleben gelassen zu meistern – gewaltfrei und positiv. Hier erfährst du dazu mehr.