Kein Schwein ruft dich an, keine Sau interessiert sich für dich?

Ganz so schlimm sieht es bei dir hoffentlich nicht aus. Dennoch hast du das Gefühl, oft von anderen übersehen und überhört zu werden. Es kommt dir manchmal vor, als wärst du unsichtbar. Wenn du sagst, was du willst, scheint es niemanden zu interessieren. Wenn du Vorschläge machst und dich mit Ideen einbringst, gehen diese im lauten Trubel unter.

Du bist genervt davon, dass andere wahrgenommen werden und du nicht. Gleichzeitig hast du keine Lust, dich anderes zu geben als du bist. Musst du dich tatsächlich laut verhalten, um präsent zu sein oder geht dies auch auf leise Weise?

Bestimmt ahnst du es schon: es gibt einen leisen Weg zu einer starken Präsenz. Wie dieser genau aussieht, das erfährst du jetzt.

Eine starke Präsenz als Introvertierte

Das Gefühl, nicht wahrgenommen zu werden, kenne ich selbst nur zu gut. Jahrelang war ich alles andere als präsent.

  • Ich habe mich dauernd zurückgenommen und anderen den Vortritt gelassen.
  • Ich habe meine Meinung für mich behalten.
  • Ich habe zu (fast) allem Ja gesagt.

Dabei bin ich selbst auf der Strecke geblieben. Gleichzeitig habe ich mich über meine lauten Mitmenschen geärgert, weil sie Aufmerksamkeit bekommen haben, die ich mir gewünscht hätte.

Wie gelingt es also einer leisen Person präsent zu sein – ohne Pauken und Trompeten?

Dazu schauen wir uns am besten erst einmal an, was Präsenz bedeutet.

Präsenz – was ist das?

Mit Präsenz meine ich deine Ausstrahlungskraft und diese ist nicht an eine bestimmte Lautstärke gekoppelt. Eine stille Person kann einen Raum betreten und durch ihre starke Präsenz alle Blicke auf sich ziehen – ohne eine Wort zu sagen.

Sie muss dazu auch nicht in knalligen Farben gekleidet sein oder sich auffällig verhalten. Es kommt vielmehr darauf an, körperlich und geistig vollkommen anwesend zu sein.

Nicht präsent zu sein, drückt sich auf verschiedene Weisen aus, zum Beispiel diese:

  • Du behältst deine Meinung am liebsten für dich, um nicht anzuecken und Konflikte zu vermeiden.
  • Du schließt dich immer dem an, was andere machen wollen.
  • Du zeigst dich immer nur von deiner freundlichen Seite, auch wenn du innerlich gerade explodieren könntest.
  • Du lässt zu, dass dich andere respektlos behandeln.
  • Du sagst nicht Stopp oder Nein, weil damit Schuldgefühle und ein schlechtes Gewissen verbunden sind.
  • Du vermeidest direkten Blickkontakt und machst dich körpersprachlich klein.
  • Du spielst deine Leistungen runter anstatt darüber zu sprechen.

Meine nicht vorhandene Präsenz hat mich wie ein nasses Stück Seife sein lassen: du bekommst es einfach nicht zu fassen. So vermeidest du zwar anzuecken oder auch mal kritisiert zu werden, gleichzeitig bist du für dein Umfeld auch nicht greifbar.

Ein weiterer Grund, wieso sich Introvertierte so gerne im Hintergrund halten, ist ihr hoher Anspruch an sich selbst. Das lässt sie oft in die Perfektionismusfalle tappen und sich nur zeigen, wenn alles zu 100 % stimmt. Das ist aber so gut wie nie der Fall.

Dazu kommt, dass introvertierte Menschen zu großen Selbstzweifeln neigen. Was, wenn du dich sichtbar machst und jemand entdeckt, dass du nicht perfekt bist? Da ist es scheinbar sicherer, sich gar nicht erst zu zeigen.

Klar ist, dass jeder Mensch seine individuelle Wohlfühlzone hat, die wir nur ungern verlassen. Möchtest du allerdings sichtbarer werden, ist es nötig, dich aus dieser Zone herauszutrauen.

Keine Sorge, du sollst nicht zu einer Extrovertierten mutieren und vorgeben jemand zu sein, der du nicht bist. Es geht lediglich darum, dein Verhaltensrepertoire zu erweitern und dabei deine Intro-Stärken zu leben.

So entwickelst du eine starke Präsenz

Um wahrgenommen zu werden, musst du nicht brüllen. Viel wichtiger als die Lautstärke sind deine Selbstakzeptanz sowie innere Klarheit über deine Werte, Bedürfnisse und Grenzen.

Je genauer du weißt, wer du bist und was du willst, umso klarer kannst du all das nach außen vertreten. Präsenz beginnt somit im Innen, nicht im Außen.

Ein Beispiel: Du gehst zu einem Netzwerktreffen.

Mit fremden Menschen zu reden und Smalltalk zu machen, ist nicht dein Ding. Du willst aber beruflich neue Kontakte knüpfen und dazu ist so ein Event eine gute Option. Wie schaffst du es, dort nicht nur körperlich anwesend, sondern präsent zu sein?

  1. Setze dir ein Ziel
    Was willst du durch die Teilnahme erreichen: geht es dir darum, mit bestimmten Personen ins Gespräch zu kommen? Willst du neue Kontakte knüpfen? Oder willst du dich in Smalltalk üben? Klarheit über dein Ziel hilft dir, dein Handeln darauf auszurichten.
  2. Tanke Energie
    Nimm dir vorher einen Moment Zeit, um dich zu sammeln und in dir selbst anzukommen. Gut ist es, deine Gedanken für eine Sekunde leise zu drehen und dich aufs Fühlen zu konzentrieren, zum Beispiel auf das Heben und Senken deiner Brust/deines Bauchs beim Atmen.
  3. Bewege dich ruhig
    Schnelle, fahrige Bewegungen strahlen Unsicherheit aus. Auch hier liegt somit in der Ruhe deine Kraft. Anstatt dich schnell in eine Ecke zu verkiechen, bewege dich ruhig und aufrecht.
  4. Sei offen und freundlich
    Schaue die Menschen an, lächle ihnen zu, grüße sie freundlich. Es geht nicht darum, dass sie dies erwidern. Ziel ist es, das von dir etwas Positives ausgeht. Mit dieser Ausstrahlung wirkst du anziehend.
  5. Höre zu 
    Gut zuhören zu können, ist eine absolute Intro-Stärke – nutze sie! Zeige ehrliches Interesse an deinem Gesprächspartner und traue dich, Fragen zu stellen.
  6. Kommuniziere klar
    Anstatt umständlich um den heißen Brei zu reden, darfst du deine Meinung und Bedürfnisse klar kommunizieren. Statt „Ich könnte ein wenig frische Luft gebrauchen“ kannst du sagen „Ich brauche fünf Minuten an der frischen Luft zum Auftanken. Wir können uns gerne anschließend weiter unterhalten.“ Oder du bittest deinen Gesprächspartner um seine Kontaktdaten, um verbunden zu bleiben. Ein freundliches Lächeln ist dabei durchaus hilfreich.
  7. Schenke Lob
    Was auch immer dir auffällt, das du positiv oder schön findest, sprich es an. Das können die schicken Ohrringe deiner Gesprächspartnerin sein, aber auch etwas, worüber dein Gegenüber gerade gesprochen hat. Damit zeigst du, dass du aufmerksam bist.

Der Weg zu starker Präsenz

Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Das ist das Motto vieler introvertierter Frauen, die sich nicht wahrgenommen fühlen. Sie wären einerseits gerne mehr sichtbar, wollen aber nichts dafür tun.

Kann ich verstehen, denn der Schritt aus deiner Wohlfühlzone kostet Überwindung. Deshalb ist es wichtig, dass du ihn aus eigenem Antrieb gehst und nicht, weil du dich durch Aussagen wie „Geh doch mal mehr aus dir raus“ dazu gedrängt fühlst.

Warum willst du stärker präsent sein? Welcher Vorteil ist für dich damit verbunden? 

  • Willst du, dass dein Chef deine Leistungen sieht und wertschätzt?
  • Willst du als Selbstständige auf Social Media sichtbarer werden, um auf dein Angebot aufmerksam zu machen?
  • Willst du, dass deine Familie deine Wünsche hört und respektiert?

Die anderen kannst du nicht verändern, dich schon. Wenn du gesehen und gehört werden willst, ist es an der Zeit, dich zu zeigen. Mit all deine vielfältigen Facetten und Stärken, die du als Introvertierte mit dir bringst.

Hinweis

Der Schwerpunkt meiner Arbeit hat sich geändert.
Ich unterstütze jetzt Menschen mit Hunden aus dem Tierschutz, ihre individuellen Probleme im Zusammenleben gelassen zu meistern – gewaltfrei und positiv. Hier erfährst du dazu mehr.